Die Geschichte von Felicitas Fuchs beginnt im Jahr 1963. Die vierzehnjährige Katja träumt davon, später einmal Ärztin zu werden. Doch dann verschwindet plötzlich ihr geliebter Großvater und die Familie schweigt sich über seinen Verbleib aus. Als Katja erwachsen ist und in der Frauenheilkunde arbeitet, findet sie heraus, was mit ihrem Großvater geschehen ist. Außerdem stößt sie bei ihren Recherchen auf das dramatische Schicksal der Mathilde Schneeweiß.
Hasi: Patno, wie findest Du die Frauen, die Felicitas Fuchs als Protagonistinnen gewählt hat? Mir gefällt, wie grundverschieden sie sind. Das geht schon bei Katja und ihrer Schwester Heidi los. Katja ist für ihre Zeit viel zu neugierig und forsch und weiß genau, was sie vom Leben will und wie sie es zur Not mit Umwegen erreichen kann (nämlich Medizin studieren), auch wenn das nicht dem Zeitgeist entspricht.
Heidi hingegen interessiert sich für Mode, Kosmetik, Frisuren und Klatsch. Aber was sie m. E. vereint ist die Tatsache, dass beide, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, nicht heiraten wollen.
Damit sind wir auch schon bei den Eltern der beiden. Ich finde es erschreckend, dass sie jedes noch so große oder kleine Problem von den Kindern fernhalten. Das geht mit der Erkrankung ihrer Mutter los und über das Verschwinden ihres Großvaters hinaus. Ich frage mich, was sie sich von den ganzen Geheimnissen versprechen?
Patno: Ja, die beiden Schwestern sind tatsächlich sehr unterschiedlich. Ich mag Katjas Ernsthaftigkeit und Ruhe. Heidi dagegen ist flatterig, mir manchmal etwas zu impulsiv. Wir sind gedanklich in den 1960er Jahren und ich denke, dass gerade diese Nachkriegszeit eine Zeit der Familiengeheimnisse war. Niemand wollte gern über das Erlebte sprechen. Die Wunden bei vielen Menschen waren tief. Er wurde viel getratscht und daher kann ich es mir gut vorstellen, dass die Eltern ihre Kinder schützen wollten. Jedenfalls fliege ich durch die Seiten. Das Thema „Rechte der Frauen“ zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Besonders spannend, aber auch dramatisch, finde ich den Handlungsstrang aus der Vergangenheit. Um nochmal auf deine Frage zurückzukommen, Mathilda ist für mich die beeindruckendste Frauenfigur. Sie ist großartig arbeitet.
Hasi: Das stimmt, Mathilde ist echt taff. Ich finde es super, wie schnell sie sich von ihrer Stellung als Hausmädchen / Fotolaborantin auf die als Sprechstundenhilfe bei einem Frauenarzt umorientiert hat und dabei auch noch geschickt mit den Patientinnen, deren Wehwehchen und Bedürfnissen umgeht. Von den Geheimnissen mal ganz abgesehen - und da gab es 1936 eine ganze Menge. Außerdem gefällt mir, dass es ihr egal ist, welche Religion oder Herkunft eine Patientin ist. Sie und ihr Doktor werden da noch ganz schöne Probleme bekommen, fürchte ich.
Patno: Die Nazis sind an der Macht und es ist zu erahnen, dass sich die Situation dramatisch zuspitzt. Aber sag mal, hast Du eine Idee, warum Katja und Heidis Großvater so plötzlich verschwunden ist? Ob er eine andere Frau kennengelernt hat. Vielleicht lebt er gar nicht mehr. Und was hat das alles mit den Ereignissen von damals zu tun?
Hasi: Nicht wirklich. Das einzig Ungewöhnliche bei ihm sind diese ominösen Besuchsfahrten mit dem Fahrrad, zu denen er die Mädchen mitnimmt, bis es deren Eltern verbieten. Wenn es noch direkt nach dem Krieg wäre, hätte ich auf Hamsterfahrten getippt, aber der ist lange vorbei. Und wenn es eine andere Frau gäbe, würden sich die Nachbarn doch das Maul zerreißen, oder was meinst Du?
Auch die Verbindung zum Krieg hat sich mir noch nicht erschlossen. Es bleibt also spannend. Wollen wir schnell weiterlesen?
Patno: Eine andere Frau wäre zu einfach. Stimmt. Jetzt will ich aber auch hinter Großvaters Geheimnis kommen. Irgendwie benimmt sich Großmutter seltsam. Und Katja und Heidis Vater finde ich nicht gerade sympathisch. Hat er auch was zu verbergen? Vor allem aber möchte ich jetzt wissen, wie es mit Mathilde weitergeht. Ich hoffe und bange mit ihr.
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